Wer an einem düsteren und verregneten Morgen im Januar die S-Bahn in Ludwigshafen-Mitte verlässt, den Weg durch das Labyrinth einer Großbaustelle auf sich nimmt, um sich schliesslich in einer tristen Fußgängerzone wiederzufinden, mag es kaum glauben, welch ein Juwel nur wenige Straßen weiter darauf wartet, entdeckt zu werden. Das Wilhelm-Hack-Museum hat sich mit pointierten Themenausstellungen zur klassischen Moderne und zur zeitgenössischen Kunst einen Namen gemacht. „Wir werden bis zur Sonne gehen“ - wie passend für diesen nasskalten Vormittag – lautet der Titel der aktuellen Schau, die sich den Pionierinnen der geometrischen Abstraktion widmet.
„Gezeigt werden Werke, die zwischen 1914 und 1980 entstanden sind. Sie führen vor Augen, dass Künstlerinnen maßgeblich an der Entwicklung der ungegenständlichen Kunst beteiligt waren. Dennoch fanden sie in der Kunstgeschichte bisher wenig Beachtung. Neben Malerei und Skulptur betätigten sich zahlreiche Künstlerinnen auch in der angewandten Kunst. Sie entwarfen Textil- und Modedesigns sowie Gebrauchsgegenstände oder arbeiteten als Fotografinnen. Somit hatten sie einen entscheidenden Anteil am Entstehen eines modernen Weltentwurfs, der Kunst und Leben vereinen sollte.“ (Pressetext Wilhelm-Hack-Museum)
Eben noch vom Regentief an gesichtslosen Fassaden vorbei getrieben, betritt der durchnässte Besucher ein wohliges Reich voller beseelter Farben, klarer Formen, erfreut sich an harmonischen Proportionen und sachlich-funktionalem Design.
Angefangen bei den Künstlerinnen des Bauhaus und Vertreterinnen des russischen Konstruktivismus bis hin zur OP-Art spannt die Ausstellung einen weiten Bogen mit bekannten und neu zu entdeckenden Künstlerinnen der an geometrischen Formen orientierten Abstraktion.
Mit dem Verzicht auf alles Gegenständliche entstehen unterschiedliche Bildsprachen, die sich in sorgfältigen Kompositionen allein durch die klaren festumrissenen Formen und durch die Farbe ihren eigenen abstrakten Bildraum erschaffen.
Quadrate, Rechtecke, Dreiecke, Kreise und Ellipsen begegnen uns mal in abgestufter Farbigkeit hart aneinander grenzend, mal frei und laut der Bildfläche Struktur verleihend. Auch der spielerische Umgang mit optischen Phänomenen findet in prägnanten Beispielen seinen Ausdruck.
Tipp: Unbedingt sehenswert: Historische Filmausschnitte von Modenschauen mit Sonja Delaunay und anderen Künstlerinnen in selbst entworfenen unkonventionellen Kleidern. (bag)